Als Jugendliche vor über 10 Jahren im Tourneecamp mit dabei, hat Anja Habegger bereits vom Leben als Zirkusartistin geträumt. Die Tourneeerfahrung im Zirkus Mugg und den Austausch mit zirkusbegeisterten Jugendlichen in ihrem Alter haben ihren Zirkustraum verstärkt, so dass sie Privatstunden genommen hat und später in Frankreich und Kanada an renomierten Zirkusschulen studiert und sich auf die Strapaten spezialisiert hat.
Zurück in der Schweiz tritt sie nun mit ihrer eigenen Compagnie «Cie.Ellementarts», im Duo als «Ocean sisters» mit Salome Aebersold oder als Musikerin auf. Dabei ist es uns eine grosse Freude dürfen wir sie in diesem Jahr mit ihrer weltweit einzigartigen Kombination aus Livemusik an der fliegenden Harfe und der Kunst der Strapaten in «Mugg’s Varieté» begrüssen.
Wie Anja zum Zirkus kam, was sie an der Zirkuswelt fasziniert und was alles zum Alltag einer Zirkusartistin gehört, erzählt sie uns im Interview:
Wie bist du zum Zirkus gekommen?
Als Vierjährige habe ich das erste Mal eine Show des Circus Monti gesehen. Mich faszinierte sehr, mit wie viel Freude die ArtistInnen auf der Bühne auftraten. Ich wollte den ArtistInnen nacheifern und so begann ich zu Hause zu turnen und habe später ein eigenes Trapez erhalten. Seither habe ich nie mehr aufgehört damit, zu trainieren und mich zu bewegen.
Was fasziniert dich an der Zirkuswelt?
Mich fasziniert, dass es unzählige Möglichkeiten gibt kreativ zu sein und es dabei im Zirkus eine enorme Vielseitigkeit gibt, sodass alle ihr Element finden können. Jemand jongliert gerne hochkonzentriert für sich in einer Ecke, jemand anderes liebt es herumzuspringen und Akrobatik zu machen, während andere gerne in der Gruppe trainieren. So vereinen sich viele Interessen im Zirkus und diese Vielfältigkeit macht die spezielle Atmosphäre aus.
Am zeitgenössischen Zirkus fasziniert mich auch, dass man die verschiedenen Kunstformen vereinen kann. So vereine ich meine Leidenschaft für den Zirkus mit meiner Leidenschaft für die Musik. Zusätzlich kann ich es auch mit tänzerischen Elementen verbinden. Diese Kombination mag ich sehr.
Was verbindet dich mit dem Zirkus Mugg?
Der Zirkus Mugg ist für mich ein Ort der Begegnung und Freude. Für mich war der Zirkus Mugg als Jugendliche bereits ein wichtiger Ort. Hier habe ich gelernt was im Zirkus alles möglich ist und dass ich Zirkus zu meinem Beruf machen kann. Ich habe hier sehr viele Menschen kennengelernt, mit denen ich noch heute Kontakt habe und die mich auf dem Weg zur Zirkusartistin unterstützt haben. Das Zirkusdorf ist für mich ein Ort, in welchem die Freude am Zirkus im Vordergrund steht und weniger der Leistungsdruck. Es ist ein Ort, an welchem auf professionelle Art Zirkus gelebt wird und die Menschen, welche hier arbeiten Freude daran haben und diese Freude auf die Zuschauenden übertragen. Deshalb komme ich sehr gerne immer wieder hierhin.
Was gehört für dich zu einer Kreation einer Nummer?
Als Erstes interessiere ich mich dafür, für welches Publikum ich eine Nummer kreiere. Die Art des Anlasses macht sehr viel aus, wie der Stil der Nummer sein soll. Dabei ist anfangs auch relevant, ob die Nummer der Unterhaltung dient oder es darum geht eine Geschichte zu erzählen und eine Botschaft zu überbringen. Hat die Nummer ein bestimmtes Thema spielen auch die Emotionen und Dynamiken eine Rolle. Ist dies klar, ist für mich ein zentrales Element die Musik, welche ich meist selbst komponiere oder während der Nummer sogar live spiele. Auch zum Teil der Kreation zählt das Kostüm. Ein Kostüm soll für mich die Nummer unterstützen und zum Gesamtbild passen. Da schaue ich auch darauf, dass die Strapaten zum Kostüm passen und auch die Harfe darauf abgestimmt ist.
Was gehört neben der Kreation einer Nummer auch zu den Arbeiten als Zirkusartistin für ein Engagement?
Wenn meine Nummer gebucht wird, besteht etwa 50% der Arbeit aus administrativen Aufgaben. Dabei kläre ich ab, welche Wünsche ein Kunde hat, wie lange die Darbietung sein soll, welche Nummer zum Anlass passt, ob das eigene Luftgerüst dazugebucht werden muss und wie der Transport dazu aussieht. Wird neben einer artistischen Nummer auch eine musikalische Einlage gebucht, kann es zudem sein, dass ich speziell für den Anlass ein Lied einstudiere. Aus diesen Abklärungen heraus entsteht die Offerte und später auch ein Vertrag. Später plane ich die Details, damit am Tag des Anlasses alles zusammenpasst und das Publikum Freude an meiner Darbietung hat. Nach dem Anlass versende ich die Rechnungen.
Wie sieht dein Alltag als Artistin aus?
Bei mir ist jeder einzelne Tag anders. Dies macht die Arbeit als Zirkusartistin sehr vielseitig und abwechslungsreich. Als Beispiel kann ich einen vergangenen Showtag beschreiben:
An diesem Tag stand am Morgen ein Konzert auf dem Programm und am Nachmittag zwei Shows. Die Auftrittsorte waren unterschiedlich. Dabei fuhr ich für die Vorbereitungen des Konzertes zuerst an den ersten Ort, während am zweiten Ort die anderen Mitglieder der Compagnie bereits das Luftgerüst für die Show am Nachmittag aufstellten. Am Konzertort stimmte ich die Harfe, richtete die Soundsachen ein, machte einen Soundcheck und übte nochmals die Lieder für das Konzert. Kurz davor wärme ich jeweils die Finger auf und ziehe mein Konzertoutfit an. Das Konzert mit der Harfe dauerte eine Stunde. Daraufhin wechselte ich direkt vom Konzertoutfit ins Auftrittskostüm. Danach gelangte ich zum zweiten Auftrittsort. Dort präsentierten wir eine Show mit einer akrobatischen Harfennummer, einer Duo-Trapeznummer, Musikeinlagen und diversen Gruppennummern. Zwischen den Shows gab es kurz Zeit um mich zu verpflegen. Nach der zweiten Show ging es an den Abbau des Luftgerüstes und das Einladen von Riggingmaterial, Flaschenzug, Mikrofon, Verstärker etc.. Zu guter Letzt sortierten und reinigten wir zu Hause im Keller alle Materialien. So endete mein Showtag kurz nach Mitternacht.
Auf was freust du dich am Varieté?
Ich freue mich sehr darauf meine Nummer hier zeigen zu dürfen und durch den familiären Rahmen mich auch in den Kreationsprozess eingeben zu können. Ich freue mich darauf neben meiner Nummer an den Strapaten, auch Livemusik zu spielen, Gruppenmomente zu kreieren und neue Elemente ausprobieren zu können. Speziell macht es für mich auch, dass ich viele Gesichter im Publikum kennen werde.
Es freut mich, wenn du mich in Mugg’s Varieté besuchst.